Gestern Abend gab es die Google I/O Eröffnungskeynote. Ich habe mir den Livestream auf dem Google I/O Extended Event der Google Developer Group (GDG) Hamburg in der Kantine von Google angeschaut.
Ich fand den Aufbau der Keynote ziemlich unstrukturiert. Sie sprangen zwischen den Themen Android und Chrome hin und her. Aber es gab einen roten Faden. Dieser ist auch der Grund, warum es ein hin und her gab: Integration. Alle Systeme sollen integriert miteinander funktionieren. Die Grenzen verschwimmen. Die Schaltzentrale dafür ist das Handy. Und so drehte sich am Ende doch alles um Android und die neue Version.
Die neue Android Version wird „Android L“ heißen. Es gab keine Versionsnummer und keinen Namen von Süßigkeiten. Ich vermute, dass zum Release im Herbst noch ein Name und eine 5.0 genannt wird. So kann ja keiner leben…
Die Integration wird über verschiedene Android-Derivate erreicht. Es gibt AndroidWear, AndroidAuto und AndroidTV. Zusätzlich wird Chrome & ChromOS stärker mit Android verschmolzen bzw. es gibt eine stärkere Integration. Damit sollten so ziemlich alle Displays um uns herum mit unserem Smartphone integriert werden. Das Smartphone bildet dabei das Zentrum und steuert alle Funktionen, dient als Fernbedienung (TV) oder als Sensor-Lieferant (GPS). Ohne das entsprechende Smartphone werden AndroidWear, AndroidTV und AndroidAuto Devices vermutlich kaum zu nutzen sein.
Es wird ein neues UI Konzept geben, genannt Material Design. Sieht sehr schick aus. Der Aufwand für das Erstellen einer UI wird aber signifikant steigen. Gar nicht so sehr der Entwicklungsaufwand, viel mehr der Konzeptionsaufwand. Die UI wird viel stärker animiert. Da muss man sich als App-Entwickler gut Gedanken machen, wann was wie animiert wird. Das geht kaum ohne erfahrenen UX Spezialisten. Ich bin gespannt auf die SDK-Preview um zu sehen, wie viel der neuen Animationen bereits vorgefertigt in den APIs verbaut ist.
Weiterhin gibt es eine neue Runtime: ART. Diese wurde bereits mit Android 4.4 Kitkat eingeführt. Dalvik blieb aber die Standard-Runtime. Das ändert sich mit Android L. ART wird die neue Standard-Runtime. Nätürlich ist alles viel schneller und besser. Warten wir mal ab, wie echte Anwendungsfälle aussehen. Gut für uns Enwickler: Wir brauchen nichts zu ändern. Google übernimmt das für uns – for free!
Als letzte für mich besonders interessante Neuigkeit wurde verkündet, dass Android L unter dem Namen „Android for Work“ Samsung KNOX integrieren wird. Damit werden Sicherheitsfeatures wie ein abgeschlossener, verschlüsselter Datencontainer und ein besonders sicherer Kernel (SELinux) integriert. Damit ließe ich dann in Zukunft jedes Android Gerät im Unternehmensumfeld (z.B. BYOD) recht sicher integrieren. Bisher gab es hier Schwierigkeiten wegen der Möglichkeit problemlos ein Gerät zu rooten. Besonders interessant finde ich die Tatsache, dass Samsung sich von einem seiner Alleinstellungsmerkmale trennt und es in Android integriert und damit auch anderen Herstellern zur Verfügung stellt. Offensichtlich hatte Samsung gedacht die Marktmacht würde ausreichen um eine prorietäre Lösung in den Markt zu drücken. Aber scheinbar haben doch zu viele Unternehmen Angst vor einem so genannten Vendor-Lock-in. Oder Google hat das Portemonnaie ganz weit aufgemacht.
Es gab noch einiges mehr rund um den Play Store und Android. Das fand ich jetzt aber nicht so spannend.
Nicht zur Sprache kam Google Glass. Mit keinem Wort wurde die Hightech-Brille erwähnt. Keiner der Google Mitarbeiter hatte eine Glass auf der Nase. Hat sich Google hier verrannt? Das fände ich schade. Aber wenn man sich die ganzen Diskussionen rund um die Glass anschaut, merkt man, dass wir als Gesellschaft noch nicht weit genug sind.
Ebenso wurden – bis auf die Smartwatches LG G Watch, Samsung Gear Live und Motorola Moto360 – keine Geräte vorgestellt. Selbst Geräte für AndroidTV und AndroidAuto wurden nur nebulös angekündigt. Im Vorfeld wurde ja bereits heftig über ein neues Smartphone Nexus 6 und ein neues Tablet Nexus 8.9 spekuliert. Davon war aber nichts zu sehen. Ich vermute wir sehen im Herbst noch eine Keynote, die uns mehr in diesen Bereichen zeigen wird.
Insgesamt eine interessante Keynote mit einer Menge Neuigkeiten, die uns Entwickler wieder vor einen Berg Arbeit stellen. Da hat man gerade Holo verstanden und darf sich jetzt um eine Migration zum Material Design kümmern. Als Endkunde freue ich mich schon auf die Neuigkeiten, die alle rund um die Weihnachtszeit bei uns ankommen dürften.